1965 - um 4 Uhr morgens kam die Flut

in der Nacht zum Samstag, 14.Juni 1965 um vier Uhr morgens, ergossen sich gewaltigen Wasserfluten so schnell in die Niederungen und in den Schüttenwald, dass zwei Autos, die von Jägern oder Fischern am Baggersee abgestellt worden waren, ersoffen: Am Sonntag waren nur noch ihre Antennen zu sehen, die aus dem Wasser ragten.

Das ganze Schüttengebiet, links und rechts der Donau, von Buschletten bis zum Hochwasserdamm beim Roten Gries stand das Wasser 80 bis 150 cm hoch. Wer auf den früheren Straßen hier verkehren wollte, brauchte ein Boot. Im Wasserwerk Buschletten drang Samstagmorgen ebenfalls Wasser ein. Weil die Gefahr besteht, dass verschmutztes Wasser in die Brunnen gelangt, setzen die Stadtwerke seit Samstagmittag dem Trinkwasser Chlor zu . Das Hochwasser hatte über das Wochenende Stadt und Landkreis alarmiert. Es hat viel materiellen Schaden angerichtet und ein Menschenleben gefordert.

Donau bei Vohburg Bild vergrössern Donau bei Vohburg

Das Stadium eines mittleren Hochwassers - in Ingolstadt bei Pegelstand 5,88 m - war am Freitag sehr schnell überschritten. Als am Abend die Donau eine Tiefe von 6,20 Metern erreicht hatte , wurde das Technische Hilfswerk in Hochwasserbereitschaft versetzt. Gegen vier Uhr kam dann die große Welle mit ungeheurer Wucht und trieb das Wasser aus dem Flussbett in die Niederungen bis hin zu den Hochwasserdämmen. Die Hoffnung, dass damit der Höhepunkt des Hochwassers erreicht sei, erfüllte sich nicht. Die Flut stieg vielmehr stetig an und erreichte erst in der Nacht zum Sonntag, zwischen drei und sieben Uhr morgens, ihren höchsten Stand mit 7,58 Metern. Sie überschritt damit das letzte große Hochwasser aus dem Jahre 1940 erheblich: Damals wurden 7,20 Meter erreicht. Seit Sonntag 7 Uhr, fällt die Donau langsam. Um 15:15 Uhr spielte das Wasser um die Pegelmarke 7,37 Meter.

Das Hochwasser setzt seit samstagfrüh zahlreiche helfende Hände in Bewegung:
Männer des Technischen Hilfswerkes und der Feuerwehr sowie Pioniere, unterstützt durch Panzeraufklärer, Wasserwacht, Eisenbahner, die Schienenwege im Hochwassergebiet Haunwöhr kontrollieren, sowie Stadtarbeiter waren im Einsatz. THW, Feuerwehr und Pioniere standen hauptsächlich zum Schutz der Dämme bereit. Sie mussten zahlreiche Sickerstellen abdichten, leisteten aber auch, wo sie angefordert wurden, Hilfe beim Räumen von Mobiliar aus eingeschlossenen Häusern. Besonders dringend wurden sie gebraucht, als unterhalb der Autobahnbrücke die Dämme bei der Rodinghütte und gegenüber bei der ERIAG - Raffinerie nachzugeben drohten. Die Leckstellen wurden mit Sandsäcken abgedichtet. Während bei der Rodinghütte die Gefahr schnell gebannt werden konnte bestand die Bedrohung der Raffinerie bis Sonntag mittag.
Stark vom Hochwasser betroffen wurde die Firma Weinzierl: Ihre Betriebsanlagen auf beiden Seiten der Donau, an den neuen Baggerseen wie an der Parkstraße, stehen unter Wasser. Ebenso die Anlagen in Großmehring. An der Parkstraße floß das Hochwasser in einen Öltank, wodurch eine Zeitlang Öl auslief und in großen schillernden Augen den Fluß hinunterschwamm. Die italienischen Gastarbeiter mussten ihre Baracken hinter dem Betonwerk räumen. Ebenso mussten die Werkswohnungen in der Mitterschütt geräumt werden.
Der Tierpark Haunwöhr wurde völlig überflutet. Der Bär, der vor dem Wasser zu entfliehen suchte, wurde rasch wieder eingefangen. Der Pferdestall und die meisten Gehege stehen unter Wasser. Die Tiere - darunter der Löwe - konnten inzwischen evakuiert werden. Sehr gelitten hat das Wild im Schüttenwald. Von den jungen Rehen und Fasanen sind viele ertrunken; die älteren Tiere konnten sich meist auf die höhergelegenen Inseln retten. Auch mehrere Bienenvölker sind dem Hochwasser zum Opfer gefallen.
Der Schaden ist groß; er läßt sich noch nicht absehen. Großes Ungemach brachte das Hochwasser auch für die Bewohner der Häuser in der Westlichen Ringstraße, beim Ruderclub, die am Samstag von der breiten Wasserzunge erreicht wurden, die sich von beiden Baggerseen her zum Ruderclub verschob. Diese Häuser - sowie die Häuser im Roten Gries - sind im Hochwassergebiet gebaut worden, und zwar gegen die Bedenken, die das Wasserwirtschaftsamt seinerzeit äußerte. Die Gefahr schien den Bauherren jedoch wohl verhältnismäßig gering: sie hielten die Donau für zu zahm, um bis zu ihnen anschwellen zu können. Starke Hochwasser sind in unserem Raum ja auch so selten, daß man ihre Lehren von einem zum anderen Mal leicht vergißt.