Konzept

Was ist vorgesehen?

Zwischen Neuburg a.d. Donau und Ingolstadt befinden sich auf ca. 20 km die letzten Auwaldrelikte an der bayerischen Donau. Ehemalige Donaumäander und abgetrennte Seitenarme, im Volksmund „Lohen“ genannt, sind hier noch deutlich erkennbar.

Luftbild Bild vergrössernLuftbild

Landwirtschaftliche Nutzung und Siedlungswachstum haben in den letzten Jahrhunderten die ehemaligen danubischen Auwälder und Lohenstrukturen allerdings stark dezimiert. Durch den Ausbau und die Stauregulierung des Flusses ging außerdem die natürliche Flussdynamik weitgehend verloren.

Die Donauaue in diesem Gebiet zählt aufgrund des ausgedehnten Auwaldbestandes und des Artenreichtums aus ökologischer Sicht zu den bedeutendsten Abschnitten an der gesamten Donau und ist mit ca. 2.100 ha eines der letzten und größten zusammenhängenden Auwaldgebiete Mitteleuropas.

Der Startschuss für das Vorhaben war 1995 das Lohenprogramm, das den Erhalt und die Wiederherstellung der ehemaligen Altarme von Donau und Sandrach im südlichen Stadtgebiet von Ingolstadt und des Auenkonzepts durch die Stadt Ingolstadt zum Ziel hatte. Aufgrund seines herausragenden Ansatzes sowie seines innovativen und beispielhaften Charakters wurde das Lohenprogramm als weltweites Projekt im Rahmen der EXPO 2000 in Hannover ausgewählt.

Aufbauend auf dem Lohenprogramm erstellte das Auen-Institut Rastatt des Worldwide Fund of Nature (WWF) auf Initiative der Stadt Ingolstadt 1997 eine Machbarkeitsstudie zur Dynamisierung der Donauauen zwischen Neuburg und Ingolstadt.

Als Ergebnis dieser Studie wurde 1999 an der Regierung von Oberbayern eine interdisziplinäre Projektgruppe gegründet, die die Grundlagen für die Umsetzung erarbeitete. Diese bestand aus Fachleuten der Wasserwirtschaft und des Naturschutzes, Vertretern der Stadt Ingolstadt und des Landkreises Neuburg-Schrobenhausen, der E.on Wasserkraft und dem größten Grundstückseigentümer, dem Wittelsbacher Ausgleichsfond.

Ab 2003 erstellte das Wasserwirtschaftsamt Ingolstadt als Bauherr unter Kofinanzierung der Europäischen Union (EAGFL-Fonds) die Planungsunterlagen für das größte Renaturierungsprojekt in Bayern. Die Planungsphase wurde 2005 mit dem Wasserrechtsverfahren und dem Planfeststellungsbeschluss abgeschlossen.

Die Umsetzung der Maßnahme begann 2006. Nach ca. 4 Jahren Bauzeit konnte das Projekt 2010 eingeweiht werden.

Die Donauauen weisen ein breites Spektrum verschiedenster Lebensräume auf und besitzen für den Arten- und Biotopschutz überregionale bis landesweite Bedeutung. Sie sind für den langfristigen Erhalt vieler Arten wichtig. Außerdem wirkt sich das Projekt durch die ausgeleitete Wassermenge positiv auf den vorbeugenden Hochwasserschutz aus.

Entsprechend dem Hochwasserschutzprogramm 2020 der Bayerischen Staatsregierung erfolgt bei kleineren Hochwässern die Reaktivierung zusätzlicher Retentionsräume. Die Projektmaßnahmen dienen gleichzeitig der Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) und der EU- Wasserrahmenrichtlinie (WRRL).

Das Projekt zur Dynamisierung der Donauauen gliedert sich in zwei Zielsetzungen auf.

Zum Einen soll die Donau für Fische und andere Wassertiere wieder passierbar werden. Derzeit stellen die Staustufen Bergheim und Ingolstadt unüberwindliche Hindernisse für die Wanderungen dar. Mit der Anlage eines neuen Fließgewässers wird die Quervernetzung zwischen Donau und Seitengewässer im kleinen Rahmen wiederhergestellt. Zusätzlich bildet der 8 km lange Umgehungsbach einen neuen Fließgewässerlebensraum als Teilkompensation für den Verlust in den Stauhaltungen der Donau.

Zum Anderen soll die Degradierung der Aue zum Hochwald aufgehalten werden. Die natürliche Überflutungs- und Grundwasserstandsdynamik fluvialer Ökosysteme soll durch häufigere Flutungen nachgeahmt werden. Nach Möglichkeit soll sich die typische gewässerbegleitende Auenvegetation wieder entwickeln.

Im Einzelnen gibt es folgende Maßnahmen:

Umgehungsgewässer

Um die biologische Durchgängigkeit für aquatische, wandernde Lebewesen zumindest von unten nach oben wieder herzustellen, wurde ein Umgehungsgewässer angelegt, das ehemalige Donauschlingen, bestehende Flutgräben und Teile des Zeller Kanals einschließt. In diesem Gewässer sollen - abhängig vom Wasserstand der Donau - ständig zwischen 0,5 m³/s und 5 m³/s fließen. Die hierfür benötigten Wassermengen werden der Donau über ein Ausleitbauwerk mit Fischpass im südlichen Stauhaltungsdamm des Kraftwerks Bergheim entnommen.

Umgehungsgewässer Bild vergrössern Umgehungsgewässer
Kartengrundlage: Topographische Karte 1:25.000; © Landesamt für Vermessung und Geoinformation Bayern

Stromabwärts der Staustufe wurden auf der ca. 8 km langen Fließstrecke drei Anbindungen an die Donau geschaffen:

Die kürzeste Strecke führt über eine Fischtreppe mit kombiniertem Schlitz- und Beckenpass nach ca. 150 m in den Längenmühlbach. Dieser mündet direkt unterhalb der Staustufe Bergheim wieder in die Donau.

Anschließend kreuzt das Gewässer in einer Trogbrücke den Längenmühlbach. Dazu wird ein wasserdichter Betontrog mit einer Substratauflage über den Längenmühlbach geführt. Auf diese Weise können zwei getrennte Fließgewässersysteme erstellt werden. Nach gut der Hälfte der Fließstrecke wird östlich des Albenschüttweihers eine weitere Anbindung des Umgehungsgewässers an die Donau geschaffen.

Bachkreuzung Bild vergrössern Bachkreuzung

Im weiteren Verlauf nutzt das Umgehungsgewässer das Bett des Zeller Kanals. Dessen Mündung in die Donau wurde so gestaltet, dass sie für wandernde Wassertiere passierbar wird.

Neben der Durchgängigkeit für Wassertiere dient das Umgehungsgewässer noch weiteren Zielen. So wird durch die damit erstellte Quervernetzung zwischen Hauptstrom und Nebengewässern in der Aue ein neuer Fließgewässerlebensraum geschaffen. Dieser soll die durch den Staustufenbau bedingten Verluste des Fließgewässercharakters für die strömungsliebenden Tierarten zumindest teilweise kompensieren. Es entstehen neue Laichhabitate und Lebensräume für Fließgewässerlebewesen sowie Rückzugsgebiete für Wassertiere während Katastrophenereignissen wie Hochwasserwellen oder Schadstoffwellen.

Um die bestehende Infrastruktur sicherzustellen, mussten im Rahmen des Projekts mehrere Brücken, Durchlässe und Furten gebaut werden. Diese gewährleisten, dass die bisherigen Wegeverbindungen im Auwald weiterhin benutzt werden können und Bewirtschaftungserschwernisse minimiert werden.

Ökologische Flutung

Häufigere Überschwemmungen, wechselnde Grundwasserstände, Abfluss- und Gewässerbettdynamik sind natürliche Vorgänge in Flusslandschaften und elementarer Bestandteil dieser Ökosysteme. Der Bereich westlich der St 2043 sowie zwischen dem Schloß Grünau und dem Albenschüttweiher wird derzeit zu wenig geflutet, um den Erhalt der natürlichen Auwaldstrukturen zu gewährleisten. Das Grundwasser im Auwald ist von den Wasserständen der Donau völlig abgekoppelt, Hochwasserwellen wirken sich hier nicht mehr auf die Grundwasserstände aus.

Der östliche Bereich mit der Mündung des Zeller Kanals bis zum Schöpfdeich wird dagegen durch die Stauhaltung des Kraftwerks Ingolstadt beeinflusst und weist daher konstant hohe Wasser- und Grundwasserspiegel auf. Auch hier fehlt die hochwasserabhängige Grundwasserdynamik völlig. Sedimenttransport und Sedimentumlagerung findet im Bereich der Kraftwerke nicht mehr statt.

Grundwasserdynamik Bild vergrössern Grundwasserdynamik
Kartengrundlage: Topographische Karte 1:25.000; © Landesamt für Vermessung und Geoinformation Bayern

Im Oberwasser wird das vom Fluss mitgeführte Geschiebe aufgrund der kaum noch vorhandenen Strömung abgelagert und führt zur Verlandung des Stauhaltungsbereiches. Im Gegensatz hierzu wird im Unterwasser durch den Rückhalt des Bauwerkes kein Sediment mehr antransportiert, daher können hier auch keine neuen Kiesbänke und Brennen entstehen.

Im rechten Damm des Kraftwerks Bergheim befindet sich bereits ein 100 m langes Streichwehr, das bei einem Abfluß von ca. 1300 m³/s in der Donau anspringt. Dies entspricht einem 5-jährlichen Hochwasser. Für die ökologischen Flutungen wurde dieses Überlaufwehr so umgebaut, dass 2-3mal im Jahr eine gesteuerte Überschwemmung des Auwalds ermöglicht wird. Hierzu werden bei einem Abfluss von 600m³/s bis 1000 m³/s in der Donau bis zu 25 m³/s ausgeleitet.

Diese ökologischen Flutungen führen zu einer Überschwemmung von über 100 ha Auwald. Östlich der St 2043 erfolgt der Abfluss überwiegend in vorhandenen Flutrinnen, die zu diesem Zweck bedarfsgemäß ertüchtigt werden. Im gefluteten Bereich wurde die forstliche Nutzung eingestellt, so dass sich wieder natürliche Auwaldstrukturen mit den darin vorkommenden standorttypischen Lebensräumen bilden kann. Die Dauer der Flutung hängt vom Verlauf der Hochwasserwelle in der Donau ab und wird durchschnittlich ca. 1 Woche betragen.

Bestehendes Überlaufwehr an der Donau Bestehendes Überlaufwehr an der Donau

Kosten, Bauzeit und Beteiligte

Die Gesamtkosten für das Projekt betrugen ca. 15 Mio. €. Sie teilen sich auf in Planungs- und Baukosten (ca. 11 Mio. €) sowie in Kosten für Entschädigungen (ca. 3 Mio. €) und Monitoring (ca. 1 Mio. €). Diese wurden vom Freistaat Bayern, der Europäischen Union (EAGFL-Fonds)und dem Bayerischen Naturschutzfond bereitgestellt. Außerdem beteiligten sich die Stadt Ingolstadt und der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen daran.

Der vom Wasserwirtschaftsamt Ingolstadt organisierte und durchgeführte Spatenstich am 21. November 2005 am Schloss Grünau bei Neuburg a. d. Donau war der Startschuss für den Bau. Er erfolgte durch Herrn Staatsminister Dr. Werner Schnappauf. An der Feierlichkeit nahmen neben seiner königlichen Hoheit Franz von Bayern, dem Besitzer des Schlosses, auch zahlreiche Gäste aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft teil.

Die Umsetzung der Baumaßnahme konnte im Jahre 2011 abgeschlossen werden.